Die Woche in Washington — China droht Hongkong; Trump Administration erwägt Reaktion

von Andrew C. Adair, J.D. 

1. Reaktion der USA auf das chinesische Gesetz zur nationalen Sicherheit 

Das chinesische Parlament verabschiedete ein neues nationales Sicherheitsgesetz für Hongkong, das den Untergang des unabhängigen Rechts- und Wirtschaftssystems Hongkongs beschleunigen soll. Hongkong verfügt derzeit über eine unabhängige Justiz und seine Bürger genießen Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit nach westlichem Vorbild – Rechte, die bis 2047 durch die chinesisch-britische Erklärung garantiert werden. Somit läuft das neue chinesische Gesetz in gewisser Weise auf eine verfrühte vollumfängliche Annexion Hongkongs hinaus, was an die Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 erinnert. Die Vereinigten Staaten veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung mit dem Vereinigten Königreich, Kanada und Australien, in der sie ihre tiefe Besorgnis zum Ausdruck brachten und China beschuldigten, gegen die Bestimmungen der chinesisch-britischen Erklärung zu verstoßen. Das US-Außenministerium hat auch bestätigt, dass die Vereinigten Staaten Hongkong nicht mehr als politisch von China autonom ansehen. 

US-Präsident Trump versprach eine Antwort der USA auf die Hongkong-Frage „vor Ende der Woche“. Die Trump-Administration könnte den Sonderstatus aussetzen, den die Vereinigten Staaten seit der Übergabe Hongkongs von Großbritannien an Peking 1997 auf Hongkong ausgedehnt haben. Aber dies würde Hongkong letztlich mehr bestrafen als China, so das dies wahrscheinlich nur als letzter Ausweg geschehen würde. Eine weniger strenge Sanktion: Das Weiße Haus könnte Hongkong den Status entziehen, aber nur in Handelsfragen. In einem solchen Szenario würden dann auf Exporte aus Hongkong in die Vereinigten Staaten die gleichen Zölle erhoben wie auf Exporte vom chinesischen Festland. Auch Joe Bidens Präsidentschaftskampagne trug ihren Teil dazu bei, indem er erklärte, dass er als Präsident die Sanktionen gegen die entsprechenden Akteure, darunter „Beamte, Finanzinstitutionen, Unternehmen und Einzelpersonen“, „vollständig durchsetzen“ würde. Da China nun zu einem zentralen Thema des Präsidentschaftswahlkampfes 2020 geworden ist, werden sowohl Biden als auch Trump den jeweils anderen weiterhin als weich gegenüber China darstellen. 

Die Senatoren Pat Toomey (R-Pennsylvania) und Chris Van Hollen (D-Maryland) haben als Reaktion auf die Krise in Hongkong ebenfalls einen neuen Gesetzentwurf verfasst: Der Gesetzentwurf würde speziell auf chinesische Banken abzielen, die die Anti-Demokratie-Kampagne in Hongkong ermöglichen – was sich möglicherweise auf „die meisten, wenn nicht sogar alle großen chinesischen Banken“ auswirken könnte. 

2. Andere Entwicklungen in den USA und China 

Die Hongkong-Frage gehört zu einer Reihe anderer Entwicklungen in den USA und China seit der Veröffentlichung unseres letzten Newsletters: 

  • Die Trump-Administration hat ein aktualisiertes China-Strategie-Dokument veröffentlicht, das an die Veröffentlichung der EU im letzten Jahr erinnert, in der China als „systemischer Rivale“ bezeichnet wurde.
  • Der US-Senat verabschiedete einstimmig einen Gesetzentwurf, der chinesische Unternehmen, die an amerikanischen Börsen notiert sind, denselben Prüfungsstandards unterwirft wie amerikanische und andere nicht-amerikanische Unternehmen. Das Repräsentantenhaus muss nun auch den Gesetzentwurf verabschieden, bevor er Gesetz wird. Der Sponsor des Gesetzentwurfs des Repräsentantenhauses, Rep. Brad Sherman (D-Kalifornien), erwartet dass das House noch in diesem Sommer agieren wird.
  • Ein Richter in Kanada entschied, dass Huaweis CFO Meng Wanzhou in Vancouver unter Arrest bleiben wird, was bedeutet, dass sie immer noch an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden könnte, um sich in New York vor Gericht zu verantworten. Als Reaktion auf das Urteil nannte die chinesische Regierung Kanada „eine Komplizin bei den Bemühungen der Vereinigten Staaten, Huawei und chinesische High-Tech-Firmen zu Fall zu bringen“. 
  • Die Trump-Administration plant, die Visa für etwa 3.000 chinesische Studenten mit Hochschulabschluss, die Verbindungen zu chinesischen Militärschulen haben, aufzuheben (von insgesamt etwa 360.000 chinesischen Studenten innerhalb der Vereinigten Staaten). Einige Mitglieder des Kongresses versuchen, alle chinesischen Studenten sanktionieren, die in wissenschaftlichen und technischen Bereichen in den USA studieren möchten. 

3. Entwicklungen im transatlantischen Raum 

  • Boeing / Airbus. Da sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Europäische Union auf eine Entscheidung der WTO warten, die es der EU erlaubt, den USA Zölle aufzuerlegen, prognostizierte Sabine Weyand (die Generaldirektorin für Handel der EU) gestern, dass „noch einige schwierigere Monate vor uns liegen“, bevor eine Einigung erzielt werden kann. Unter diesem Szenario könnte die nächste, nach US-Recht erforderliche Zollumschichtung (die so genannte „Karussell-Vergeltung“), die am 12. August stattfinden soll, noch weitere deutsche Exporteure treffen, bevor der Streit gelöst werden kann. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer hat ein neues Verfahren angekündigt, um betroffenen Unternehmen die Möglichkeit anzubieten, vor dem 9. Juni Kommentare zum Karussellverfahren einzureichen. Die Zölle haben mehr Auswirkungen als Airbus und seine Zulieferer; eine neue Studie bestätigt, dass mehr als ein Drittel der betroffenen deutschen Produkte von außerhalb der Luftfahrtindustrie sind.
  • U.S.-Botschaft in Deutschland. Richard Grenell hat sein Amt als US-Botschafter in Deutschland aufgegeben und wird sich der Wiederwahlkampagne von Donald Trump anschließen. Robin Quinville wird als oberste US-Diplomatin in Berlin dienen, bis der US-Senat einen neuen Botschafter bestätigt. Trotz Grenells umstrittener Beziehungen ins offizielle Berlin drückte Wolfgang Ischinger (ehemaliger deutscher Botschafter in den USA und Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz) sein Bedauern über Grenells Weggang aus – vor allem, weil er für Deutschland einen eingeschränkten Zugang zur Trump-Administration bedeutet. Ischinger stellt zu Recht fest, dass die Position nun für mindestens ein Jahr oder länger unbesetzt sein wird. Darüber hinaus ist John Ratcliffe Direktor der US-Geheimdienste geworden – eine Position, die Grenell vorübergehend für 90 Tage innehatte.
  • Nord Stream 2. Da russische Schiffe nun kurz davor stehen, den Bau der Nord Stream 2-Pipeline zu beenden, erwägen einige US-Senatoren den Versuch, den Umfang der bestehenden Sanktionen auszuweiten, um zu versuchen, die Pipeline zu blockieren. Damit dies geschehen kann, müsste wahrscheinlich eine Bestimmung an das Rettungsgesetz „Phase 4“ von Covid-19 angehängt werden, um Aussicht auf Erfolg zu haben.
  • Iran / JCPOA. Die Trump-Administration kündigte an, dass sie die Ausnahmeregelungen für die Zusammenarbeit europäischer Firmen mit dem zivilen iranischen Atomprogramm in 60 Tagen beenden wird.
  • G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs. Der nationale Sicherheitsberater der USA, Robert O’Brien, sagte, dass andere führende Politiker der Welt „große Resonanz“ auf die Idee gegeben hätten, den G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im nächsten Monat persönlich in Washington abzuhalten. Eine Frage wird sein, ob die Vereinigten Staaten in den kommenden Wochen ihre Reisebeschränkungen für Europäer aufheben werden; im Moment fügen die Vereinigten Staaten nur Reisebeschränkungen (z.B. aus Brasilien) hinzu – und heben sie nicht auf. Wir glauben, dass die Veranstaltung wahrscheinlich digital und nicht persönlich stattfinden wird. 

4. U.S.-Repräsentantenhaus beginnt mit der Stimmabgabe durch einen Bevollmächtigten

Zum ersten Mal in seiner 231-jährigen Geschichte hielt das US-Repräsentantenhaus seine Abstimmungen in Vertretung ab. Mehr als 70 Abgeordnete (von 435), die in dieser Woche nicht in Washington waren, stimmten dank Regeländerungen, die das House aufgrund der Covid-19-Pandemie eingeführt hatte, über einen Abgeordneten-Kollegen ab. Der Minderheitsführer Kevin McCarthy (R-Kalifornien) hat eine Klage gegen die Sprecherin Nancy Pelosi (D-Kalifornien) eingereicht und das Gericht gebeten, die neuen Regeln für verfassungswidrig zu erklären. Im Allgemeinen werden die US-Bundesgerichte jedoch nicht in die inneren Angelegenheiten des Repräsentantenhauses und des Senats eingreifen – nur wenn eine der Kammern gegen eine eindeutig festgelegte Bestimmung in der US-Verfassung verstößt.